Serbien I


Wegen den aktuellen Nachrichten um das Flüchtlingschaos an der Grenze zu Serbien haben wir sicherheitshalber noch mal 30Km vor der Grenze übernachtet.

An der Grenze angekommen sind wir erstaunt keinen einzigen Flüchtling zu sehen. Auch von dem Stacheldrahtzaun ist nix zu sehen. Alles sehr ruhig hier. Ich frage mich ob unsere Politiker und vor allem unsere einstimmigen Medien jede Propaganda ungeprüft glauben und weiterverbreiten. Ein Feindbild muss her, der böse rechtspopulistische Orban, was sich allerdings in Calais, bei unseren Nachbarn, am Eurotunnel nach England abspielt, darüber wird nicht berichtet.


Wir sind also in Serbien angekommen. Was zu aller erst auffällt, die Leute sind hier sehr freundlich und jeder, grüßt einen freundlich. In der ersten Stadt angekommen werden wir auch sofort auf englisch angesprochen, was wir vor hätten, bzw. wohin die Reise noch ging. Wir bekamen auch sofort Tipps wo man gut und günstig etwas essen kann, bzw. wo es eine free WiFi Zone gibt. Wir entschlossen erst mal zum Hauptplatz zu gehen um mal ne Übersicht zu bekommen. Dort schauten wir etwas ratlos herrum und wurden auch direkt wieder angesprochen, diesmal von einem Polizisten, jedoch diesmal auf deutsch. „Probleme?“ Nein, erwiderten wir, wir suchen nur etwas wo man gut eine Kleinigkeit essen kann. Daraufhin begleitete uns der Polizist und sein Freund zu einem serbischen Imbis. Der erste Eindruck hat gesessen. Wir waren vollkommen positiv überrascht. Weiter ging es zu einem Camping, das wir vor einem Gewitter flüchtend, trocken, jedoch schon in der Dunkelheit erreichten.

Am nächsten Tag wachte ich leicht geschwächt mit Durchfall auf. Wir kamen spät los, fuhren ins Dorf zurück um noch ein paar Sachen einzukaufen und fuhren Richtung Donau um am nächsten passablen Platz unsere Zelte aufzuschlagen. Nur es kam nichts. Verwöhnt von Ungarn, wo es alle paar Km einen Traumstrand hat, fuhren wir durch endlose Naturschutzgebiete mit noch endloseren Donauauen. Teils waren wir 3Km von der Donau entfernt. Wir probierten einen Schotterweg in die Au aus, der jedoch ca. 300m vor der Donau bei einem Hochstand endete. Hier war kein durchkommen mehr, der andere Weg war mit Rädern schlicht unbefahrbar. Auf dem Weg hüpften hunderte Frösche vor uns weg, wären wir Franzosen gewesen, hätte es ein Festmahl gegeben. LOL! Ein paar Km weiter fanden wir in einem Waldstück eine Ansammlung teils uralter Wohnwagen. Kurzentschlossen, ohne Willen weiter zu fahren, fragten wir einen der Dauercamper ob wir hier eine Nacht bleiben konnten. Ein geeigneter Platz war auch schnell gefunden. Die Zelte waren gerade aufgebaut, kam ein Serbe mit seinem uralten Yugo und schaute erstaunt, da zwei Fremde in seiner Einfahrt Campten. Daraufhin zogen wir noch ein paar Meter um. Die Vorurteile schlugen wieder zu! „Der sieht so aus als ob er hier das ganze Jahr lebt, bestimmt arbeitslos, etc. Es begann zu regnen und wir kochten unser Essen auf einem der freien überdachten Tische. Nach dem Essen wollte Ronny dem Serben noch ein Bier abkaufen, das er uns jedoch geschenkt gab. Kurz darauf wurde uns noch ein Kaffee angeboten und wir saßen gemeinsam mit dem Serben an seiner Tafel, erzählten uns mit Händen und Füßen, Übersetzungsapp sowie Fotos Geschichten und tranken noch ein Bier mit ihm. Vorurteile!!! Der gute Mann arbeitet als Mechatroniker in einer Werkstatt, fährt während der Woche einen 320'er BMW und ist jedes Wochenende zum fischen und entspannen in seinem Wohnwagen.

Am Morgen war es Zeit sich von Ronny zu verabschieden, da Ronny seinen Flieger von Belgrad in die Schweiz buchen musste. Es war eine sehr schöne Zeit, in der wir gemeinsam viel erlebten. Auch noch mal ein ausdrückliches Dankeschön, da Ronny oft die Einkäufe im Supermarkt, sowie die Übernachtung auf dem serbischen Camping bezahlt hatte.

Da Regen vorausgesagt war entschied ich mich einen Ruhetag einzulegen. So konnte sich mein Magen erholen und ich hatte einen überdachten Tisch um zu Kochen und den großen 4000Km Service am Rad zu machen. Da der 3. Gepäckträger den Hebel zum Öffnen der Magurabremse blockierte wurde dieser mittels Leatherman abgefeilt. Ha, Schlauchflicken ohne den Frontcarrier abzuschrauben. Die in der Slowakei gekauften Felgenbänder wurden ebenfalls über den alten montiert, doppelt hält besser! Den kaputten Schlauch flicken, alle Schraubverbindungen checken, sowie das hintere Schutzblech einstellen.

Es ging wieder weiter. Folgte der Euro Velo 6 Alternativroute, die größtenteils dem Donaudamm folgte. Wenig Asphalt, viel grober Schotter und Lehm oder Sandwege. Kein Untergrund um schnell Strecke zu machen, jedoch von einem Naturreservat zum nächsten. Die nächsten 3 Tage sollte dies so bleiben. Abends habe ich mangels Möglichkeiten bei einem Fischrestaurant um einen Platz zum Campen gefragt, was auch ohne Problem möglich war. Saß dort noch mit den Eigentümern auf der Terrasse um bei einem Kaffee und Bier wieder viele Geschichten zu erzählen.

Am nächsten Tag fand ich einen schönen Platz zum Campen. Gerade an der Stadt Plankenburg vorbei, der letzte Grenzübergang nach Kroatien, danach ist die Donau kein Grenzfluss mehr. Es kamen noch jede Menge Angler. Einer sprach mich auch gleich auf deutsch an und stellte mich den anderen vor. Es begann eine lustige Unterhaltung auf deutsch und englisch, bei der auch auf serbisch übersetzt wurde. Die Serben sind ein sehr kommunikatives Volk, das uns Deutschen noch stets hoch anrechnet, das wir nach dem Krieg so viele von ihnen bei uns aufgenommen haben. Später am Abend, die Fischer waren schon gegangen, es war dunkel, hörte ich wie jemand, denke bei der Grenze ein komplettes Magazin einer Pistole in schneller Schussfolge entleerte. Unmittelbar darauf war noch ein Sturmgewehr zu hören und noch ein Magazin einer Pistole. Intuitiv duckte ich mich, hörte jedoch keine Projektile fliegen, und war zwar geschockt aber erleichtert. Letztendlich hab ich sehr gut geschlafen...

Am darauf folgenden Tag erreiche ich Novi Sad. Dieser Stadt konnte ich einfach nichts abgewinnen, da es hier nur Plattenbauten und eine hoffnungslos verfallene Altstadt gab. Noch dazu war alles teuer. Hab eben in einem Hostel halt gemacht um einen Kaffee zu trinken und WiFi zu benützen. Der Eigentümer erzählte mir noch ich solle bleiben, da es auf den folgenden 100Km bis nach Belgrad kein einziges Hostel oder Hotel mehr gäbe. Ich erwiderte ihm, das ich das nicht glauben könne und das sein Kaffee der teuerste in ganz Serbien war, und verabschiedete mich.

Konnte mich nicht einkriegen als der Weg mich durch die Partnergemeinde von Karlshuld führte. Hier wehte eine Bayerische Flagge neben der Serbischen, es gab free WiFi und im Dorfladen nebenan verkauften sie sogar Löwenbräu. Zeit für eine spontane Pause für die eigentlich keine Zeit war, aber egal, mache ich nicht eine Reise ohne Eile? Nach 5 Tagen wildcampen war mal wieder eine Douche angesagt. Fand auf einem Dorf ein Schild dem ich folgte. Fand eine Kneipe, bei der man im Obstgarten sein Zelt aufstellen konnte. Nach einiger Diskussion um den Preis bekam ich ein kleines Gartenhäuschen mit zwei Betten zum selben Preis angeboten. War zwar sehr improvisiert, jedoch versorgte mich der Eigentümer mit Tomaten, Paprika, Äpfeln und WiFi gab es auch.

Meine Einkäufe tätige ich auch nur noch in kleinen Läden, Dorfsupermärkten, winzigen Bäckereien, oder am Straßenrand wo die Leute ihre eigenen Erzeugnisse verkaufen. So weiß ich das das Geld bei den Richtigen ankommt und nicht bei den eh schon Reichen oder Multinationals. Außerdem ist das einkaufen hier günstiger, weil man eben direkt einkauft ohne eine Kette von Zwischenhändlern die alle Reich werden wollen oder schon sind.

Belgrad ist erreicht. Als erstes fallen die ewig hohen Plattenbauten auf an denen der Weg kilometerlang vorbeiführt. Aus der Ferne sehe ich auch ein einziges funkelndes Hochhaus. Denke mir das dies von einer Bank sein muss. Beim näherkommen fällt der Name Hypo ins Auge. Belgrad ist keine besonders schöne Stadt. Viele Altbauten sollten noch hergerichtet werden, bevor die historischen Elemente komplett verfallen sind. Folge trotzdem dem erstklassig beschilderten Euro Velo 6 Radweg kreuz und quer durch die Stadt. 16Km Rundführung bei denen alle sehenswerten Gebäude passiert werden. Kurz in die Fußgängerzone geschaut, die sich nicht von einer anderen Europaweit unterscheidet. Belgrad ist einfach eine Hauptstadt wie viele andere, wo die Menschen durch ihre Kleidung, und somit durch ihren Reichtum auffallen wollen. Die Preise sind für serbische Verhältnisse extrem, und die Qualität durchschnittlich. Entscheide mich noch am selben Nachmittag die Stadt wieder zu verlassen und mir einen Platz zum Wildcampen zu suchen. Fündig werde ich relativ schnell auf der anderen Donauseite, nur ca. 6km von Belgrad entfernt. Treffe am besagten Zeltplatz noch zwei radbegeisterte Serben, die mir zustimmen das das ein wunderschöner Platz zum bleiben ist. Wir unterhalten uns gut und ich erfahre, das hier überwiegend geklaute Räder gefahren werden, die „serbische Jibsies“ in Österreich, Deutschland oder Holland geklaut hätten. Einer von den beiden fuhr auch ein KTM in schöner Abmontage. Ein Top E-Bike sei hier für 500€ zu haben. Immer noch viel Geld, wenn man bedenkt das ein normaler Mensch nur 300€ im Monat verdient

Ergo baue ich mein Zelt auf und bewundere Belgrad auf der anderen Donauseite in einiger Entfernung. Am nächsten Tag überrascht mich um 5Uhr morgens der Regen und ich entscheide mich einen Tag im Zelt auszuharren. Lebensmittel sind für einen Tag vorhanden. Mal wieder einen Tag bis Mittags schlafen tut auch gut, die Beine danken es! Es regnet schon den ganzen Tag ununterbrochen, bin froh nicht gefahren zu sein. Hab die Zeit genutzt um diesen Blog zu schreiben, das erste mal im Zelt zu kochen und mich auszuruhen. Morgen geht es weiter, ob es regnet oder nicht, Lebensmittel müssen eingekauft werden, da der Tag alle Reserven aufgebraucht hat.

Am nächsten Morgen treffe ich Borko vom Donauufer gegenüber Belgrad zufällig beim Bäcker in der nächsten Stadt wieder.Er entschuldigte sich dafür mich bei dem anstehenden Sauwetter nicht eingeladen zu haben. Er nahm mich auf der Stelle mit nach Hause um dort ein bisschen zu quatschen. Borko hatte einen Gehirntumor der operativ entfernt wurde. Einfach faszinierend wie er sein Leben meistert, ja genießt, obwohl er nicht mal weiß ob er noch lange zu leben hat, bzw der Tumor wieder zurückkommt. Respekt, hab ne Menge über positive Energie im Leben gelernt, ein durchschnittlicher Mensch würde dabei in Depressionen verfallen, nicht jedoch Borko. Sein Freund kam auch noch auf einen Sprung vorbei. Nach ein paar Stunden begleitete mich Borko noch ein Stück entlang der Donau zu seinem Vater, der dort ein kleines Häuschen direkt an der Donau hat und im Ruhestand als Fischer tätig ist. Abends gab es noch eine leckere Fischmahlzeit mit einigen selbst gebrannten Sliwowitz und dem mitgebrachten Bier. Lecker aber heimtückisch. Nach dem Essen waren wir noch bei den deutschen Nachbarn eingeladen, die ihren Ruhestand an diesem genialem Platz genießen, und mal wieder deutsch sprechen wollten. Vielen Dank für diesen gelungenen Abend!

Am nächsten Morgen hatte ich nicht echt Lust weite Strecken zu radeln, also wurde ein geeigneter Platz zum Wäsche waschen und am Rad rum schrauben gesucht. Die Speichen des Hinterrads hatten seltsame Geräusche gemacht und wollten mal kontrolliert werden.


Das war Serbien Teil 1, es geht nach Rumänien, um bald nochmal nach Serbien zurückzukehren...

Donauauen sind hier riesig
Donauauen sind hier riesig
Fischer gibt es wie Sand am Meer
Fischer gibt es wie Sand am Meer
dito
dito
Glückliche Scheine mit Aufpasser
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Hab mich weggehaun
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Nur Radler, keine Fußgänger, lol
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Gegenüber ist Belgrad
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Kann man die Rente paradiesischer verbringen?
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Minuspunkt für Fahradmanufaktur
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Neben Fischrestaurant in Novo Selo
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Die Radwege werden lustiger
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Es gibt prächtige Häuser
Es gibt prächtige Häuser
Partnerstadt von Karlshuld
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Belgrad
Belgrad
Belgrad
Belgrad
Balko und Sasch
Balko und Sasch
Zelt vom Schlamm befreit
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Regentag = Schraubertag
Regentag = Schraubertag
dito
dito
und lustiger
und lustiger
Und weniger prächtige
Und weniger prächtige
Prost aus Indjija
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Radweg bitte Lift benutzen
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Euro Velo 6 - Hauptroute
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Mit Balko unterwegs zu seinem Vater
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Prächtige Häuser zum renovieren gibt's viele
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